1854 - Ein gewagtes Spiel

..für die Denkershäuser! Die Verantwortlichen des Dorfes haben sich aufs Glatteis begeben, letztlich ging es aber gut für alle Beteilgten aus.

Zunächst ein Blick auf den Hof Wallhausen >lesen und damit zum besseren Verständnis.
Hier wurde der Hof im April 1854 bereits einmal verkauft, Wallhausen gehörte zu den Auswanderen nach Amerika. Er hat aber die Rechnung ohne die Landdrostei Hildesheim gemacht. Der Verkauf wurde nicht bewilligt.

Ungeachtet dieser Tatsache, das Geld wurde letztlich gebraucht, kam es zu einem zweiten Kaufvertrag wie oben beschrieben.

Vorher hatte man sich nach einem Geldgeber umsehen müssen und auch in der "Wittwe des Gastwirths Friedrich Wilhelm Marten, Friederike geb. Rohden zu Angerstein" gefunden.

Dies Dokument erklärt jetzt die vertraglichen Vereinbarungen dieser Hypothek und die ist nicht ganz ohne.

So wird sehr deutlich heraus formuliert, als die ebenfalls beteiligten Ehefrauen, die eigentlich nicht zum Vetragsabschluß berechtigt waren, selbstschuldnerisch mit allen Vermögensteilen haften müssen.

Sinn dieser gesetzlichen Regelung war,  als Ehefrauen oftmals Vermögens- Haus- od. Landanteile mit in die Ehe einbrachten. Ging die Hypothek krachen, waren plötzlich völlig unbeteiligte Familienangehörige mit Schulden der Tochter/Geschwister betroffen. Das damit auch Länderein z.B. unverhofft der Teilung unterworfen wurden, war nicht auszuschließen. Deshalb diese gesetzliche Maßgabe.

Anmerkung: Mitte des 19. Jhrds. erscheinen schon einmal "vordgedruckte" Formulare.

Nun, man hat sich darüber hinweg gesetzt, jetzt zum Text:

 

 



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Cassirt 
zu 
der einliegenden Original-Obligation(1) 
des 
Bauermeisters Friedrich Bode, des Köthers 
August Kulp, des Eisenhändlers Heinrich 
Wedekind, des Köthers Wehrmann und 
deren Ehefrauen sämmtlich zu Denkershausen 
für 
die Wittwe des Gastwirths Friedrich Wil- 
helm Marten, Friederike geb. Rohden 
zu Angerstein 
über 
1800 rth Courant 
  
Northeim, den 5. Juli 1854 
  
A. Seidensticker 
 

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Mit 18 gg Stempel belegt 
  
Actum vor Königlichem Amtsgerichte Northeim, 
Landbezirk, den 5 ten Juli 1854 
  
ObligationVor dem Königlichen Amtsgerichte erschienen
  
des Bauermeisters Friedr.   1) der Bauermeister Friedr. Bode in Begleitung
Bode, des Köthers August Kulp,seiner Ehefrau Louise Bode, geb. Rieke,
des Eisenhändlers Heinr. Wedekind,   der Köther und Vorsteher August Kulp in
des Köthers Wehrmann und de-Begleitung seiner Ehefrau, Louise, geb. Pflug-
ren Ehefrauen, sämmtlich zu Den-macher,
kershausen,   der Eisenhändler Heinrich Wedekind, in Be-
     für die Wittwe des Gast-gleitung seiner Ehefrau, Louise, geb. Macke,
wirths Friedrich Wilhelm   und endlich der Vorsteher und Köther Philipp
Marten, Friederike, geb.Wehrmann, in Begleitung seiner Ehefrau,
Rohden aus Angerstein,Elisabeth, geb. Heyne; sämmtlich aus Den-
 kershausen,
übereinerseits, und
Eintausend Acht-Hundert   2) die Wittwe des Gastwirths Friedr. Wilh. Marten,
         Thaler CourantFriederike, geb. Rohden, aus Angerstein,
 andererseits
 alle durch den mitgegenwärtigen Amtsgehül-
 fen Franz aus Northeim recognoscirt(3),
 und trugen die sub 1 Genannten vor:
  
 Auf ihr Ansuchen habe ihnen die mitgegenwärtige Wittwe
 des Gastwirths Friedrich Wilhelm Marten, Friede-
 rike geb. Rohden, aus Angerstein, 
  
 zum Ankaufe der unten zur Special-Hypothek gesetzten
 und mit dem fraglichen, später erwähnten Darlehnscapita-
 le bezahlten Kötherei des vormaligen Bauermeisters
 und Ackermanns Friedrich Wallhausen zu Denkershausen
 ein Capital von 1800 Rthlrn. – Ggr –Pfg., geschrieben:
      - Eintausend – Acht – Hundert Thalern –
 in Courant
zinsbar dargeliehen, und heute hier im Gerichte baar
ausgezahlt. Sie quitiren daher über den richtigen Empfang dieses Geldes
entsagen der Einrede des nicht empfangenen, und – da sie das Capital zu obigem
Zwecke wider verwenden – des in ihren Nutzen nicht verwandten Geldes,
und versprechen für sich, ihre Erben und Nachfolger, erwähntes Capital der
1800 Rthlr. Courant , nach einer beiden Theilen freistehenden viertel-
jährigen Aufkündigung in der empfangenen Münz-Sorte und in ungetheilter Summe
zurückzuzahlen, bis dahin aber alljährig, vom 1.v.M. Juni an mit vier
von Hundert, in capitalmäßiger Münzsorte zu verzinsen; wobei sie sich ausdrück-
lich zufrieden erklären, daß, falls nicht spätestens sechs Wochen nach der
Verfallzeit die Zinsen jedesmal richtig abgeführt sein würden, solche Versäumniß, zu
Gunsten der Gläubigerin als eine stillschweigende Kündigung angesehen werden könne.
   

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Zur
Sicherheit der obgedachten Darleiherin und deren Nachfolger, auf welche diese
Obligation dereinst etwa übertragen werden würde, setzen sie sowohl in Hinsicht des
Capitals selbst, als auch wegen der etwa rückständig bleibenden Zinsen und verursachten
Kosten, die der Kündigung eingeschlossen, ihr sämmtliches gegenwärtiges und
zukünftiges bewegliches und unbewegliches Vermögen, ohne Ausnahme, überhaupt, und
specialiter: 
die von den Comparenten, Bauermeister 
Bode, Köther und Vorsteher Kulp, Eisen- 
händler Wedekind, Köther und Vorste- 
her Wehrmann mittelst in diesen Tagen 
geschlossenen Kaufcontracts für sich und im 
Auftrage der übrigen Reiheberechtigten 
Glieder der Gemeinde Denkershausen für 
2350 rth Gold von dem vormaligen Bau- 
ermeister und Ackermann Friedrich Wall- 
hausen zu Denkershausen angekaufte, 
daselbst sub Nro 1 Catastri zwischen den 
Höfen des Christoph Ahlbrecht und des 
Christoph Henniger belegenen Erbkötherei nebst 
allem Zubehör, namentlich ungefähr 9 Mor- 
gen Rottländerei, einem beim Hause bele- 
genen Garten und der Gemeindegerechtigkeit 
  
zur 
 

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zur öffentlichen Hypothek, in der Maaße, ein, daß diese ihre Gläubigerin bei
nicht erfolgender Zahlung wegen Capitals, Zinsen, Schäden und Kosten aus den be-
stellten Hypotheken mittelst der schleunigsten gerichtlichen Hülfe sich solle bezahlt machen
können, auch geben sie derselben hiemit freie Macht, unter den verpfändeten Gegen-
ständen zu wählen,und mit den zur Execution vorzuschlagenden Stücken nach eigenem
Gefallen eine Aenderung zu treffen, so daß die allgemeine Hypothek der besondern und
diese hinwiederum der allgemeinen nicht derogiren und schaden solle, wobei sie dem
beneficio taxationis et dationis in solutum, nach welchem der Gläubiger verbunden
sei, das Pfand nach einem eidlichen Tarate an Zahlungsstatt anzunehmen, wenn bei
dessen Verkaufe nicht hinreichend dafür geboten werden sollte, ausdrücklich entsagen und
sich damit zufrieden erklären, daß im unverhofften Nichtzahlungsfalle auf ihrer gedachten
Gläubigerin Antrag die Hypotheken sofort zur Subhastation gebracht würden.
  
Hierauf
erklärten die gegenwärtigen Ehefrauen der Schuldner Louise Bode geb. Rieke, Louise
Kulp, geb. Pflugmacher, Louise Wedekind, geb. Macke und Eli-
sabeth Wehrmann, geb. Heyne,
daß sie, unter gleichmäßiger öffentlichen Verpfändung ihres gesammten Vermögens,
in specie: ihres sämmtlichen Eingebrachten ohne
Ausnahme
 
für obiges Anlehen, Zinsen, Schäden und Kosten, als selbstschuldige Bürginnen eintreten,
und bereit seien den ihnen zu Statten kommenden weiblichen und anderen Rechtswohlthaten
zu entsagen.
Nachdem
nun gerichtsseitig, nach Vorschrift der Königlichen Verordnung vom 28. December 1821,
den Ehefrauen der Schuldner:
     1)  der Umfang, der durch die Intercession zu übernehmenden Verpflichtungen, daß
          sie nämlich die Verpflichtung des Hauptschuldners zur Rückzahlung des Capitals
          sammt Zinsen, Schäden und Kosten auf sich nehmen,
     2)  die ihnen dagegen zustehenden Rechtswohlthaten, namentlich:
          a.  das Senatus Consultum Vellejanum(3), wornach die Bürgschaft der Frauens-
               personen überhaupt ungültig sei;
          b.  die Authentica si qua mulier Cod. ad S. C tum Vellej(4)., wornach inson-
               derheit die Bürgschaft einer Ehefrau für ihren Ehemann bei Strafe der Rich-
               tigkeit verboten sei;
     3)  das privilegium dotis ac illatorum, wornach eine Ehefrau, im Falle des Con-
          curses ihres Ehemannes wegen ihres Brautschatzes und übrigen Eingebrachten
          besonders bevorzugt sei, und
     4)  die Wirkung ihrer Verzichtleistung auf die vorstehenden, ihnen erklärten, Rechts-
          wohlthaten, daß nämlich sie nachher sich nicht weiter darauf berufen können, daß
          vielmehr die Bürgschaft alsdann vollkommen gültig und sie als Selbstschuldnerinnen
          zur Zahlung verpflichtet seien daß sie auch mit ihrem Vorzugsrechte wegen ihres
          Eingebrachten der Gläubigerin nachstehen,
 

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          deutlich verständigt worden: haben dieselben, unter Versicherung, alles dies wohl verstan-
          den zu haben, den obigen Rechtswohlthaten ausdrücklich entsagt, und die unverbrüchliche
          Haltung ihrer obigen Intercession angelobet.
 
          Endlich
          entsagten die Bürginnen auch noch dem beneficio ordinis seu excussionis, nachdem
          diese Rechtswohlthat gerichtsseitig dahin erklärt war, daß der Bürge verlangen könne,
          es solle der Hauptschuldner vor ihm ausgeklagt werden.
  
          Letztlich
          entsagten die Comparenten dem beneficio divisionis, wornach bei dem Vorhandensein
          mehrerer Schuldner ein jeder nur zu seinem Theile in Anspruch genommen zu werden
          verlangen könne, auch baten dieselben um die Ausfertigung dieser Urkunde in beweisender
          Form für die Gläubigerin und um Ingrossation(5) der bestellten Hypotheken, und haben
          dieselben, nach geschehener wörtlicher Vorlesung und deutlichen Erklärung des vorstehen-
          den Protokolles, und nachdem die Comparenten, Bauer-
meister Bode, Vorsteher Kulp, Vorsteher Wehrmann und Eisenhändler Wedekind über-
stimmend erklärt hatten, daß sie die obige Hypothekenbestellung ebenfalls im Auftra-
ge und mit Genehmigung der übrigen reiheberechtigten Mitglieder der Gemein-
de Denkershausen vorgenommen haben und für die Richtigkeit dieses An-
standes gleichfalls mit ihrem gesammten Vermögen haften wollen, diese
Erklärung auch von Seiten der obengenannten Gläubigerin, Wittwe Marten
aus Angerstein acceptirt war, dessen Inhalt genehmigt und anerkannt.
Actum ut supra
           zur Beglaubigung
W. Merkel                                                 A. Grotefend
  
      Vorstehende Schuld-, Pfand- und Bürgschafts-Verschreibung wird, ohne we-
gen der zur Hypothek gesetzten Gegenstände die Garantie zu übernehmen, für den
Gläubiger ausgefertigt, und ist die Hypothekbestellung im Gerichts-Hypotheken-
buche der Dorfschaft Denkershausen sub litr. B. No. 2., litr. K. No. 8. und sub litr. W. Im Anfange A su
Nris 33 & 34
heute ad effectum hypothecae publicae gehörig ingrossirt, auch die Obligation dem
Gerichts-Obligationsbuche vom Jahre 1854, Seite 428, inserirt.
     Urkundlich untergelegten Gerichts-Insiegels und gewöhnlicher Unterschrift.
 
Signatum Northeim, den 5ten Juli 1854
 
           Königlich Hannoversches Amtsgericht, Landbezirk
(Siegel)
 Kosten
No. 19                                                                                                                            e.s.
  
pro Aufnahme2 rth  12gg  –  pf
„  Eintragung6  „     6 „    –  „
„  Einschreibung – "     8 "   –  "
„  Stempel – "    18 "   –  "
„  Copialien incl. Der 
Ingross.-Bescheinigung – "     4 "   –  "
  
 10rth -- gg – pf
„  Aufruf        – gg – „
„  Insinuation        4 „   – „                 
  
Vom Bauermeister Bode in 
Denkershausen einzuziehen 
  
   
 Anmerkungen: 
 (1) perönliche Verbindlichkeit 
 (2) durch den Gerichtsschreiber bestätigt 
 (3) gegen Frauen waren keine Klagen zugelassen
 (4) Danach ist jedwede Interzession für den Ehemann schlichtweg verboten und absolut nichtig (nullatenus huiusmodi vale re aut tenere) und kann auch durch noch so viele Wiederholungen der Interzession nicht gültig gemacht werden (sive semel sive multoties huiusmodi aliquid pro eadem re fiat). Eine Ausnahme von diesem Verbot wird einzig und allein zugelassen, wenn klar erwiesen ist (manifeste probetur), dass die erlangte Geldsumme zum eigenen Nutzen der Frau selbst (in propriam ipsius mulieris utilitatem)2* verwendet worden ist. 
 (5) Rangordnung bei Gläubigern 
   
   

 

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